Konturen 12, Bensalem

Die Heilsversprechungen der modernen Wissenschaft
Veranstaltungsreihe, Bäckerei-Kulturbackstube, Dreiheiligenstr. 21a, 6020 Innsbruck, 2012

Unsere Kultur, unser gesamtes Leben basiert auf engmaschig miteinander vernetzten Übereinkünften, Konventionen und Normen, die ein vertrauenswürdiges und auf scheinbar festen Kategorien beruhendes Weltbild ergeben. Innerhalb dieses Rahmens treten wir handelnd in Erscheinung und erfahren, aktualisieren und bestätigen dabei die Annahme, dass diese unsere Vorstellung von der Welt der Realität entspricht. An der Basis unserer westlichen Kultur steht dabei die moderne Wissenschaft mit ihren Normen und Konventionen, die sowohl die Spielregeln vorgibt, wie Wissen und Erkenntnis hervorgebracht werden kann, als auch die Übereinkünfte liefert, wie diese Erkenntnisse strukturiert und formuliert sein müssen. Dass diese Weltvorstellung nicht plötzlich aus dem Nichts erschienen, sondern aus Versatzstücken anderer Weltvorstellungen – insbesondere der griechischen Naturphilosophie, der platonischen Ideenlehre und der christlich-jüdischen Kultur – hervorgegangen ist, ist zwar eine heute verschüttete und im Verborgenen gehaltene Erkenntnis, aber dennoch bei einem Rückblick auf die Wissenschaftsgeschichte deutlich erkennbar. So stoßen wir beispielsweise in der von Francis Bacon 1624 veröffentlichten Utopie Nova Atlantis, die ja immer wieder als die erste Vision der heute bestehenden westlichen Gesellschaft genannt wird, auf die Vorstellung, dass die Naturgesetze, den zehn Geboten entsprechend, der Natur von Gott auferlegte Regeln darstellen. Die Suche nach naturphilosophischen Erkenntnissen ist Bacons Vorstellung nach ein Dienst an Gott und dem Menschen. So betraut Bacon die Naturphilosophen nicht nur mit der Aufgabe, für das geistige Wohl der Gemeinschaft zu sorgen, sondern im Sinne der Nächstenliebe auch Apparaturen und Verfahren zu entwickeln, die den Menschen das Leben erleichtern sollen. Demgemäß finden wir die Insel, auf der dieses Neue Atlantis realisiert ist, den Wurzeln unserer Kultur entsprechend, unter dem Namen Bensalem, als „gutes Jerusalem“. Bacon zeichnet hier ein verheißungsvolles Land, in dem die Wissenschaft für das Wohl der Menschen sorgt und die Aussicht auf paradiesische Zustände gewährt. Eine ebensolche Vision einer sorgenfreien und schönen, neuen Welt liegt noch heute der modernen Wissenschaft zugrunde, die Vision einer Welt, in der man in Frieden, ohne leiblichen Mangel, voller Gewissheit und in Gesundheit ewig leben kann. Parallel zu den Heilsversprechen des christlich-jüdischen Paradieses und des griechischen Elysiums verspricht auch die moderne Wissenschaft die Aussicht auf (1) Überwindung des Todes und ewiges Leben, (2) auf Überwindung von (leiblichem) Mangel und ein Leben in Überfluss, (3) auf die Überwindung von Ungewissheit indem sie Erkenntnisse liefert und (4) Frieden durch die Überwindung von (sozialen) Konflikten. Und damit erscheinen im Zusammenhang mit der modernen Wissenschaft so wie in jenen Weltvorstellungen, aus denen diese hervorgegangen ist, jene Heilsversprechen, die den menschlichen Grundfragen, Ängsten und Hoffnungen entsprechen, jene Versprechen, die als anthropologische Konstanten die Kulturentwicklung des Menschen durchziehen.

Die Ausstellung C.I. Brom. Bensalem versucht anhand einer Auswahl von Installationen des Künstlers C.I. Brom einen ganz grundsätzlichen Blick auf die Grundversprechen der modernen, westlichen Kultur und verweist damit nicht nur auf jene Heilsversprechen aus denen die westliche Kultur hervorgegangen ist, sondern letztlich auch auf jene, die allgemeinen menschlichen Grundfragen, Ängsten und Hoffnungen entsprechen und so als anthropologische Konstanten die Kulturentwicklung

C.I.Brom, Prinzip Hoffnung, 1986

Solon (Rainalter)

Abschlußperformance