Spiegelneuronen und Schrödingers Katze

Von der Ästhetik in Bildung und Wissenschaft. KU 2
Universität Innsbruck, Institut für Erziehungswissenschaften, Sommersemester 2012
Brandlmayr/Rainalter

Inhalt:

Allgemein wird heute Wissenschaft, und dabei im Besonderen die Naturwissenschaft, jenseits jeglicher ästhetischer Erscheinungen vorgestellt. So sollen die Ergebnisse in Publikationen durch ihren Inhalt überzeugen, sollen sachlich, neutral und unabhängig von der Zeit und von ästhetischen Überlegungen dargestellt werden. (Natur)Wissenschaft soll die Dinge zeigen, wie sie sind. Dementsprechend spricht man ihr heute allgemein so etwas wie Ästhetik und Stil ab, ja spricht ihr manchmal sogar ab, Teil der Kultur zu sein, indem sie scheinbar vom Menschen völlig unabhängig agiert und unveränderliche Tatsachen darstellt.
Ausgehend von den Begriffen ästhetische Bildung und Ästhetik werden wir in diesem Kurs die Frage stellen, ob nicht auch die (Natur)Wissenschaft – sowohl in ihrer Methode als auch in ihren Produkten – von einer ästhetischen Komponente gezeichnet ist. Nach dem Versuch, die Ästhetik von (Natur)Wissenschaft und deren Wandel in der Zeit zu konkretisieren, und einer anschließenden, allgemeinen Untersuchung des Verhältnisses von Wissenschaft und Wahrnehmung werden wir schließlich noch einmal zum Begriff der ästhetischen Bildung zurückkehren und uns die Frage stellen, ob nicht auch jegliche Form von Erziehung und Bildung eine ästhetische Komponente trägt.

Methoden:

„Das Wesentliche liegt immer im Zwischenraum“, schrieb der Physiker Prof. V. Krylov 1984 in seinem dritten Manuskript und leitet daraus ab, dass „unterschiedlichste Beobachtungsperspektiven beziehungsweise Methoden notwendig sind, um ein Phänomen beschreiben zu können.“ Sein Ziel war es, eine Methodik zu entwickeln, die sich durch die Ergänzung herkömmlicher, wissenschaftlicher Methoden durch künstlerische und körperliche Vorgangsweisen auszeichnet.
Die vorliegende Lehrveranstaltung ist ein Versuch, dieser Krylov´schen Methodik gerecht zu werden. Dementsprechend tritt der Lehrveranstaltungsleiter hier nicht nur als Vortragender und Moderator in Erscheinung, sondern auch als Performer und wird hierbei vom Künstler E. Reinalter unterstützt. Auf diese Weise interagieren hier wissenschaftliche, künstlerische und körperbezogene Arbeitsweisen und führen zur Überschreitung disziplinärer und fakultärer Grenzen. Die Intention, diese unterschiedlichen Arbeitsweisen zu kombinieren, liegt letzten Endes nicht nur darin, Denknormen aufzubrechen, sondern auch ästhetische Erfahrungen als Auslöser von Bildungsprozessen zu nutzen, um dem komplexen Verhältnis zwischen Mensch, Welt und Ästhetik in vielschichtiger Weise begegnen zu können. Nachdem hierbei nicht nur Bildungsprozesse auf Seiten der Hörer, sondern auch solche auf Seiten der Vortragenden angesprochen sind, verstehe ich meine Aufgabe in erster Linie nicht als Wissensvermittler, sondern als jemand, der bisweilen Rätselhaftes in den Raum stellt, um uns darin gemeinsam auf die Suche nach Fragen und Antworten zu begeben.